Sonntag, 24. September 2017

innengrenzen

ich lebe kaum
in der sprache der menschen
regeln sind in mir ohne raum

die welt teilt
sich nicht in wenn oder aber
nicht dieses hier und jenes da

mein drinnen
lebt aus dem bewegen
folgerichtigkeiten

aus bildern aus farben
lebfadenknäueln

aus klängen aus tönen
unhörbarmusik

aus fühlen aus leiden
freudgestaltetem
ein und allerweltlieben

aus alledem mehr
lang unteilbarem bewegten
das ein malzeichnen bräuchte
oder ein tonklänge setzen
um verständlich zu sein

allein es bleibt mir
immer wieder nur sprechen
ein schwaches erläutern
am rande von rationalem
sprechgemeinsamen seins

nein ich bin durchaus
nicht rational geschaffen
mag nur schwach übersetzen
ein inneres leben über den
widersprüchen des seins

stets neu im missverstehen
bleibt so gar zu oft nur ein
sprechen ein schreien
ein verszeilen setzen

und immer wieder dies schweigen

in einsamkeiten wächst zu selten
still ein kurzes begegnen in
die umschöpfbare welt

(copyright © 24.9.2017, bernd pol)

inferno

es ist als ob ich mich in leinen legte
die stricke nicht das leichte gewebe
wäre in mir ganz aus deiner welt
gezogen auf ein schweres bett
im schwarzen gründen so

es ist als ob ich mir die welt aufsöge
den entsetzlichen teil die liebe
nicht über die kalten tage
und über mir das feuer
und in mir schreie

und unter mir das leben
und in mir alte lust
und über mir ein wehen
und neben mir das

wo menschen fliehen
endlose leben wo

mal hoffen war
mal leben war
mal liebe war

und irgendwo ein stetes menschensehnen
auf dass doch der welt ein wahres bliebe
und irgendwann ein dauerfürchten
und irgendwie ein lebensende
auf alle pure existenz

da ist die menschenart gestorben
da ist menschenliebe umgestoßen
da ist menschenhandeln voller not

ein untergang der gegenwart
in wesensferne zeitenstarre

und immer viel zu viele
fremd unverstandene
menschhilflosigkeit

(copyright © 24.9.2017, bernd pol)

anderleben

was wenn ich
dein anderleben wüsste
das dir gehört
und mich ausschließt
aus einer liebe
von dir und einer lust
so gegen mich

es ist dass ich dich nicht missen mag
auch dann wenn du mir ferne bist
es ist das lieben was ich dir gönne
das anderleben wie auch immer
das ich nicht weiß ob du es auch hast

es ist nur das
ich bin alleine
so manchen tag
und spüre wie
du lebst und
nicht teilen magst

es soll das lieben nicht bedrücken
ganz gleich was immer wirklich ist

doch wenn die sehnsucht blüten treibt
wird immer mal dein leuchten schwer

aber bist du hier
lebt uns nur der
liebesaugenblick

(copyright © 23.9.2017, bernd pol)

Donnerstag, 21. September 2017

spät dauerhaft zweifeln

manchmal geschieht es dann doch
dass ich dich im innern bilde betrachte
und mich voraus trauernd frage
wie lange hältst du bei mir aus und so

werden wir einander doch
noch verblassend verlieren
ein begegnen vergessen
ein verstehen vergehen

kann ich die nähe dir
mal nicht mehr geben
die du brauchst bei mir
vom berühren zum geil
liebend außer sich sein

wirst du nicht mehr mir bleiben
einmal doch ohne rückkehr
was immer dich hier auf
eigene auswege treibt

kann ich ohne dich
ohne eigennutz
sein was ich
mir bleibe

oder halt ich dich schon
beim innern betrachten
noch viel zu fest selbst
nach all unserer zeit

so treiben mich dauerhaft ängste
um und vielleicht ein vertrauen
und ein inniges wünschen

es letztlich gewohnt
dies ein leben ist das
dicht bindet und hier

trotz allem was
war und wird
in sicherheit
lebensvoll
restzeiten
durcheint

(copyright © 20.9.2017, bernd pol)

Sonntag, 17. September 2017

abschied aus geborgenheiten

die möwen wollen raben werden
ein altes schiff trägt trauerflor
ins fast versiegte dunkel ein

wellen treiben träge mützen
wohl vom letzten menschenschlaf
geprägt im allerersten sonnenglitzen

am horizont den heute nichts bewegt
liegt dunkelgrau vergessner regen
und schließt den wasserlebensbogen

das haus steht wesenlos und
droht mit dutzenden balkonen

irgendwo versteckt betreibt gedämpft
ein paar den ritus seiner dauernacht

wir aber spüren all die wunder
zum ersten aller letzen mal

komm es ist brecherzeit für einen kuss

(copyright © 17.9.2017, bernd pol)

Samstag, 16. September 2017

auch eine bilanz

hab gesehen
hab geachtet
hab dich vollends aufgesogen

hab gestundet
hab genachtet
hab mich über dich gefunden

hab gelogen
hab geschmachtet
hab zu wenig welt verstanden

hab verloren
hab gestanden
hab aus deinem blick gesogen

hab und bin
bin übernachtet
bin in dir ganz aufgewogen

bin mein teil von dir geworden
bin unverstanden überwunden

bin verloren
bin gefunden
bin geworden was wir sind

(copyright © 16.9.2017, bernd pol)

täglich neu gestaltet

ich hab mich in dir gemacht
aus unsortierten teilen
eingefügt ganz tief
in wesensfalten
deiner selbst

vielleicht träum ich doch hier
diese gemeinsamen nächte
zu neuen tagen zurecht
wo ich eben das spüre
was auch jetzt mich
tief in dir betrifft

bin unser fleisch geworden
bin meine seelentiefe dir
bin unsre lust im einesleben
bin dein begehren in mir

du hast mich wieder umgestaltet
wie immer es ist jeglichen tag
bin ich in dir auch anders erhalten

du bist mir eins
ich bin uns zwei geworden
so vieles lebst du
mir wieder dichter zur welt

(copyright © 16.9.2017, bernd pol)

aufgabe

den steinen
feuer gegeben
hab ich in zu
fremder zeit

wasser hab ich
verschenkt dem
inneren glühen

zeichen geborgen
aus den dämpfen
verlassener welt

ich habe das heulen der wölfe gesehen
das übereine im vereinzelten leben
das die ameisen treibt und
die bienen zum schwärmen
und die menschen in fesseln aus worten
zweckfremdem pfropfbarem geists

die welt verlassen
zurück in die glut
vereinzelter steine

das atmen üben
über den zeichen
verwunschenen seins

(copyright © 16.9.2017, bernd pol)

wenn die schmetterlinge

wenn die schmetterlinge
zungen hätten
zum erzählen
so sprächen sie womöglich

von früheren leben
von blätterparadisen
vom bequemen kriechen
vom glück eine raupe zu sein

jetzt aber die hektik
von blüte zu blüte
entsetzlich auffallend
anstrengend richtig

passende flatterer zu finden
in der unmenge der düfte
einmal zufrieden und dann
einfach nichts mehr zu sein

ja wenn schmetterlinge
menschenzungen besäßen
die welt wäre bestimmt
um lügenschwärme reicher

(copyright © 16.9.2017, bernd pol)

Freitag, 15. September 2017

ein widersein

es ist das allermenschenspiel

mal nur ein blick
ein zauderwort
die wieder kleine unschuldsgeste
der eine rasche schicksalshauch
den ein begehren
auf die lippen legt

es ist ein spiel mit anderleben
es ist ein lieben aus gefahren
es ist ein sein mit ungewissem

es ist ein suchen nach dem neuen tod

das ferne fliegen
ohne abzusterben
den wind des ungewollten
beinahliebe noch im keim
ein daseinsflirt
ein widersein

immer neu ein gegenleben spüren
ein immersuchen unverlorner zeit

ein innehalten
ein überspüren
ein trauerspiel
ein wiedersein

um dann vielleicht doch
ein dauerlieben aufzubauen
ein sonderleben aus der eignen zeit
verschränkt mit immer anderm einzelsein

einfach ein wechselspiel
in nicht ganz leichter
vollgemeinsamkeit

(copyright © 15.9.2017, bernd pol)

Donnerstag, 14. September 2017

liebesgründen

ich hab dich überm lieben ausgetrunken
hab worte unter dich gestreut
wie stroh uns tageweise drin zu betten
glut einzutreiben dieser nacht

ein leben hab ich eingeboren
ein sternenstrahl in menschenart
ein lieben oder zwei und drei
ein wiedergehn in frischgestalt

wo sich neu die zeichen fügen
was leben warm vertraut bewegen will
laute flüsternd wieder binden
zum letzten weiten wahnsinnsschrei

da sind wir ineinander aufgenommen
sind zwei in einem überwunden
sind angekommen im vertrauten wesen
und ausgeleert zum einen grund

(copyright © 14.9.2017, bernd pol)

perpetuum

es treibt
das raue wasser
ist nicht mehr
als überkommnes
erdenfreigeschenk

bei frischen halmen
bleicht schon altes gras
diese wiedergänger
aus dem trockenboden

irgendwo schreit ein letzter hahn

jetzt gilt es treue einzufahren
lose aufgetürmter lebensernten
lustversprechen umzubinden
in dauerhaftem wiedersein

das voll erhalten ist es
zum ganz neuen
urvertrauten eigenleben

wenn es sich in gemeinschaft traut
tag um tag neu ein altes lieben
in stille formen umzugießen

es ist ein preis
aus überlebten tagen
blicke wieder aufzufangen
um sich lächelnd einzufinden

(copyright © 14.9.2017, bernd pol)

wettertriebe

ein zauber bricht durch regenschleier
jäh hier ein freier donner loser blitz
es schreit die welt im letzten dreier
durchs menschenstürmen ohne witz

ein leben hat sich wieder ausgegoren
ein seufzen noch vorm frühen kuss
ein weichen unterm bettenbäumen
ein laut zertreiben im genuss

sind auch die regentage fortgezogen
die stürme rütteln an den türen nach
und sonnen zwängen sich durch ritzen
vom los geschlagnen lebensdach

es ist ein schein der hier die lieben weiht
das mauern ist es in vertrauten zügen
ein ausgewöhntes langversprechen
zum gänzlich umverstanden sein

wenn dann die dritten schritte treiben
aus begehren geil sich triebe knoten
zu einem wird im liebeswiderhallen
neu erwachsner alterstiefer lust

ein altes schreien hier im wettertreiben
ein ringen um ein urvertrautes schauern
ein neues wiedersein in donnerschlägen
ein zauberstürmen aus zerzausten leben

über allem noch dies stille sehnen
vertrauen dürfen in den kleinen tod
wissen dürfen unterm weiter gehen
halten dürfen auch in frischer not

(copyright © 14.09.2017, bernd pol)

Donnerstag, 7. September 2017

in eine menschenzeit

aus dem berg gekrochen
jenem ohne zeit
in dies leben
einzutreten

auch wenn die sagen verse trieben
was menschen wären menschen sind
aus vernichtung alles zeitlichen in
den zeilen aufgehoben über welten
schutzeshalb zeitweise gefroren
bis der mensch dort erwachsen sei

auf den berg gestiegen
weit über die zeit
innig die welt zu besingen

doch da waren nur feuer und rauch
fern auch stummgefallen ein schrei
ein einziger festgefroren ohne zeit
aller menschenkehlen der welt
aus liebesfremdem handeln
eigenschreckend erstarrt

den berg übertreten
jahre um jahre äonenweis
freileben zu finden

weil die menschen doch reifen
in friedlicher liebe endlich geschaffen
erstarrte schreckenszeiten
zu lösen die wunden zu pflegen und
dann neu die welt zu gestalten
in innig gemeinsamer lebensgewalt

dann ist der berg nichts
alte zeit überwunden
um ewig der welt
eigen zu sein

(copyright © 7.9.2017, bernd pol)

Mittwoch, 6. September 2017

mondenleben mit hindernissen

vielleicht solltest du voller gehen
oder nur ganz wenig angekratzt
wären da nicht widerwolken
dicht unter deinem weg

will mich auch nicht ducken
unter späten regenstreifen

wo ein schon schüttres blätterdach
keinen schirnersatz mehr geben mag

und doch lässt sich das lieben spüren
das sonst sich unter deinem licht bewegt

wenn du frei gehst vorm sternenschauern
ist es auch viel zu leicht zu leben

aber doch hier im dunkelwassergehen
brauchts den willen zu dem einen

ein herz einzufangen
irgendwo im dauerfeuchten
ganz mondenwertig aufgeschlossen
wie wenn es mit dir oben voller leben geht

(copyright © 6.9.2017, bernd pol)

Montag, 4. September 2017

sternvertrauen

es geht nicht mir
die sterne vom himmel
holen zu wollen

sie fallen von selbst
vergehen verglühen
womöglich vor ihrer zeit

und doch
wieder und wieder
dieses vertrauen mögen

auf all das was nie kommt
zur von uns doch richtig
herbei gewünschten
sternenfallzeit

(copyright © 4.9.2017, bernd pol)

Sonntag, 3. September 2017

ein kindervers

du bist mir einen kindervers
wert auf dem späten liebesgehen
nur dass du weißt es gibt uns noch
in zweien als eines beim fortgeschehen

ganz ungemein
so lieb ich dich
für dich allein
die welt für mich
ein ganzes sein
und sicherlich

ein schicksalstreiben
hin und wider
und dabei unaufgegeben

ist das leben
was uns hält
ein lieben

das aus untergründen
immer wieder neu erwächst
und das wilde ruhen weich macht

über all den dornen
unserer zeit
immer neu befragt

wo wäre ich wohl
ohne wissend zu glauben
du hast es doch im lieben gut

(copyright © 3.9.2017, bernd pol)